Höchstleistung, optimale Synergien, Motivation, Commitment und High Performance … diese typischen Buzzwords für erfolgreiche Teams klingen eher unrealistisch, wenn im eigenen Team nur Dienst nach Vorschrift geschoben wird.
Der Anlass für viele Teamcoachings ist, dass die Leistungsfähigkeit, Zusammenarbeit und das Engagement eines Teams nachgelassen haben oder schon seit längerem schlecht sind.
Eine gute Illustration für solche Teamsituationen bietet die Beschreibung einer Mitarbeiterin von ihrem Team, die sie mir in einem Vorgespräch zu einer Teamentwicklung gab. Sie erzählte: „Als ich hier vor Jahren anfing, war ich richtig motiviert. Ich war stolz, den Job bekommen zu haben und wollte mich einbringen. Aber dann merkte ich ziemlich bald, dass mein hoher Einsatz kaum wahrgenommen wurde. Eher wurde ich von den Kollegen misstrauisch beäugt. Die fühlten sich vielleicht durch mich in ihrer Arbeitsweise kritisiert. Und schnell hatte ich den Eindruck, dass sich durch mein Mehrengagement andere im Team gemütlich in die Hängematte legen konnten und dann hatte ich immer mehr zu tun. Schließlich habe ich auch ein paar Gänge runter geschaltet und bin heute gut zufrieden, wenn ich um Punkt 17 Uhr meinen Bildschirm ausschalte und noch rechtzeitig zum Sport komme. Arbeiten tue ich hauptsächlich, um Geld zu verdienen.“
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Demotivation ist leider nicht untypisch in Teams
Jährliche Untersuchungen zur Arbeitsmotivation zeigen uns, dass ein Großteil aller Angestellten im Modus: Dienst nach Vorschrift verweilt. Begeisterung und Motivation für den Job und das Team ist dann wenig zu finden. Die Arbeit ist Routine und wenig herausfordernd. Wenn sich keiner beschwert, ist alles gut.
Ich betrachte bei Teamentwicklungen beim Kennenlernen eines Teams meist fünf Aspekte:
– Zielerreichung
– Teamatmosphäre
– Kommunikation
– Zusammenarbeit
– Führung
Wie sieht das in unmotivierten Teams aus?
Zielerreichung:
Die Ziele werden kaum erreicht oder sind sehr niedrig gesetzt. Über Ziele wird selten gesprochen. Gibt es einen Zielvereinbarungsprozess, sind die Ziele oftmals mehr Aufgabenbeschreibungen als herausfordernde Ziele, wie z.B.: „Unsere Kunden werden optimal betreut.“
Die Mitarbeiter haben wenig Kenntnisse von und Interesse an den Unternehmenszielen und übernehmen wenig Verantwortung dafür.
Allgemeine Mitarbeiterinformationen von der Geschäftsführung werden kaum wahrgenommen und/ oder können schlecht eingeordnet werden ohne die dahinter stehenden Ziele und Kontextinformationen zu kennen.
Teamatmosphäre:
Jeder macht Dienst nach Vorschrift. Untereinander gibt es wenig Kommunikation. Man interessiert sich nicht sonderlich füreinander. Die Kommunikation läuft meistens auf Smalltalk-Level. Pausen werden nicht miteinander verbracht. Es sei denn, man ist zufällig auch außerhalb der Arbeit miteinander befreundet.
Von außen könnte man meinen, die Zusammenarbeit sei einigermaßen harmonisch, da alles eingefahren ist und keine Konflikte zu sehen sind.
Obwohl die Kollegen meist schon jahrelang miteinander arbeiten, wissen sie nur wenig übereinander. Manchmal nicht mal den Geburtstag der Kollegen.
Jeder erhält wenig Beachtung und Aufmerksamkeit, es sei denn, es stellen sich Probleme ein. Dann gibt es eine negative Aufmerksamkeit.
Die Einzelnen identifizieren sich wenig mit dem Team und mit der Aufgabe. Man ist nicht stolz, dazu zu gehören.
Kommunikation:
Meetings gibt es selten. Auf der Agenda stehen nur Sachthemen aber quasi keine Zusammenarbeits-Themen. Bei seltenen Versuchen von Diskussionen werden nur wenig Beiträge eingebracht, so dass die Diskussion schnell wieder einschläft.
Es werden nur wenige Informationen weitergegeben. Bei der Informationsweitergabe werden in der Regel nur Fakten vermittelt. Wie es jemand mit etwas geht, was dahinter stehende Überlegungen waren oder gar die emotionalen Aspekte sind selten Thema.
Es gibt wenig Feedback, wenig Lob, Anerkennung oder Kritik.
Sollten Probleme auftauchen, wird schnell ein Schuldiger oder eine Ursache gesucht, anstelle gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Entsprechend werden Fehler lieber vertuscht, da man ja nicht die Schuldigen-Karte zugeschoben bekommen möchte.
Durch den wenigen Austausch miteinander, gibt es keinen Raum für Innovation, neue Vorschläge und keinen Platz für neue Gedanken.
Konflikte und negative Emotionen werden nicht angesprochen.
Zusammenarbeit:
Echte Zusammenarbeit findet wenig statt. Es gibt keine Synergien. Eins plus eins bleibt zwei und nicht mehr. Die Aufgaben sind aufgeteilt und keiner schaut nach links oder rechts. Die Rollen sind oft seit Jahren starr besetzt. Es gibt wenig Veränderungen und personellen Wechsel im Team. Man weiß wenig davon, was die Kollegen eigentlich so genau machen.
Kenntnisse und Erfahrungen von einzelnen Teammitgliedern, die nicht direkt mit der aktuellen Aufgabe zu tun haben, kommen nicht zu Tage und verkümmern.
Das Nur-das-Nötigste-Tun hat sich als soziale Norm im Team etabliert. Wer sich anders verhält, wird sozial abgestraft, wie es auch im oben genannte Beispiel meine Teilnehmerin beschreibt.
Führung:
Manchmal strahlt sogar die Führungskraft beim Kennenlernen schon eine ähnliche Lethargie aus wie die Teammitglieder.
Meist haben diese Führungskräfte neben der Teamführung noch viele eigene Fachaufgaben oder sie führen mehrere Teams, sodass sie ohnehin wenig Zeit haben, sich um das Team zu kümmern. Die Führungsarbeit beschränkt sich auf Managen und Organisieren des Teams, Aufgabenverteilung und Kontrolle der Erfüllung. Es werden wenig individuelle Ziele formuliert und gibt wenig Raum für Feedback.
Im Prinzip wird jeder Mitarbeiter einzeln gemanagt. Bei herausfordernden Aufgaben gibt es Einzelmeetings mit den jeweiligen Mitarbeitern. Die Mitarbeiter, die seit langen nur Routine-Tätigkeiten machen, haben nur wenig Einzel-Zeit mit ihrer Führungskraft.
Die Führungskräfte lassen sich von den Mitarbeitern auch selten in die Karten schauen. Was treibt sie um? Wie ist ihre Vorgehensweise? Wie trifft sie Entscheidungen? Welche Fehler macht sie? Das teilen sie nur selten mit den Mitarbeitern.
In meiner Beschreibung der Aspekte habe ich hier ein extrem negatives Bild gezeichnet. In der Regel kommen nicht alle diese Faktoren so geballt zusammen. Ansonsten würde ein Team tatsächlich gar keinen Output mehr produzieren.
Inwiefern ist eine Teamentwicklung willkommen?
Steht eine Teamentwicklung ins Haus, sind oftmals viele Teammitglieder skeptisch. Sie fragen sich, was das denn bringen soll. Schließlich läuft es doch so einigermaßen.
Hinter diesen Einwänden vermute ich Unsicherheit und Sorgen bezüglich des Prozesses. Das könnte die bewusste oder unbewusste Angst sein, dass das eigene Arbeitsverhalten eventuell unter ein „Röntgengerät“ gelegt wird. Vielleicht müsste man dann aus dem gut eingerichteten Arbeitsbereich Aufgaben und Methoden verändern oder neu ausrichten.
Selbst wenn die aktuelle Situation nicht besonders zufriedenstellend ist, scheuen Viele eine Veränderung ins Ungewisse.
Wenn in dem Unternehmen in der Vergangenheit Change-Prozesse nicht sonderlich erfolgreich abliefen, ist oft auch der Gedanke bei den MitarbeiterInnen verankert, dass jegliche Änderungen vermutlich nur von kurzer Dauer sein werden.
Auch die Führungskraft hat oft wenig Ideen, was man denn nun eigentlich ändern könnte, damit es besser läuft. Das sehe ich beispielsweise, wenn ich mit den Führungskräften die Teamentwicklung plane und diese dafür dann für die Maßnahme viel zu wenig Zeit einplanen wollen. Da schlägt dann eine Führungskraft von einem seit langen Jahren festgefahrenen Team vor: „Ja, dann setzen wir uns da halt mal 2 Stunden zusammen mit dem Team.“
6 Ansatzpunkte für mehr Engagement im Team
1. Als Führungskraft Vorbild sein
Jeder Teamentwicklungsprozess ist erfolgreicher, wenn die Führungskraft ein positives Vorbild für die gewünschten Veränderungen ist. Wenn mehr Kommunikation im Team entstehen soll, hilft es, wenn die Führungskraft sich regelmäßig Zeit nimmt zu gemeinsamen Kaffee- oder Mittagspausen und dort auch Persönliches von sich preisgibt.
Wenn es das Ziel ist, dass die Mitarbeiter mehr Eigenverantwortung für ihre Themen übernehmen sollen, muss ihnen auch die Verantwortung und Entscheidungsfreiheit in Themen gelassen werden. Wenn sie dann eine andere Entscheidung treffen als die Führungskraft selbst es getan hätte, sollte man diese nicht wieder umwerfen.
2. Informationsfluss verstärken
Die Teammitglieder sollten umfassend Zugang zu allen relevanten Informationen haben. Nicht nur die, die den eigenen Aufgabenbereich betreffen, sondern auch die des ganzen Teams und zu allen relevanten Unternehmensentwicklungen.
In Meetings sollte Zeit sein, dass die Kollegen sich untereinander auf dem Laufenden halten können, was aktuell ansteht, welche Themen für die Einzelnen aktuell wichtig sind, wo es Probleme gibt etc
3. Ziele schärfen
Es sollte einen Austausch über Ziele, Werte und Motive des Einzelnen und des Teams geben. Dazu reicht nicht eine Viertelstunde am Ende des wöchentlichen Meetings.
Besser ist es zumeist, sich dazu separat ausreichend Zeit in einem Workshop zu nehmen. Wird dieser dann beispielsweise auch in externen Räumlichkeiten veranstaltet, erhält er für die Teammitglieder eine besondere Aufmerksamkeit und die implizite Botschaft: Das ist für uns alle sehr wichtig.
In dem Workshop sollten auch die Unternehmensziele, Visionen und Unternehmensleitlinien auf das Team herunter gebrochen werden. Dabei können Fragen diskutiert werden wie: Was bedeutet das für uns? Woran zeigt sich das in unserer Arbeit? Woran merken wir das? Wie wird das im Unternehmen sichtbar? Woran merkt es unser Kunde.
4. Kommunikation miteinander verstärken
Meiner Erfahrung nach helfen zur Verbesserung der Teamkommunikation oftmals Maßnahmen wie: lange Info-Meetings kürzen und regelmäßigere Kurz-Meetings abhalten. Die Meetings mit einer sinnvollen Agenda vorbereiten, in der keine Standard-Punkte enthalten sind, die routinemäßig „durchgekaut“ werden.
In den Meetings und im Austausch sollten die Teammitglieder sich nach ihrer Meinung fragen, sich ausreden lassen und aktiv zuhören.
In der Kommunikationsforschung spricht man dabei von der „psychological safety“. Wenn sich die Teammitglieder im Team sicher fühlen und wissen, dass sie grundsätzlich akzeptiert und wertgeschätzt werden und ihre Meinung eine Rolle spielt, sind sie motivierter, ihre Vorschläge, Kritik und Ideen zu äußern und einzubringen. Sie wissen dann, dass sich keiner darüber lustig machen wird und sie ernst genommen werden.
Gerade zurückhaltende, schüchterne Charaktere bringen sich oft nicht aktiv in die Teamkommunikation ein, wenn ein eher sarkastischer, ironisch oder hektischer Umgangston herrscht.
5. Aufbau einer offenen Fehlerkultur:
Mit Fehlern sollte offen und produktiv umgegangen werden. Sie können offen angesprochen werden, ohne dass das Teammitglied dadurch negative Reaktionen befürchten muss. Sie werden diskutiert, damit das Team aus ihnen lernen kann und nicht, um Einzelne bloß zu stellen. Auch hier geht die Führungskraft am besten als Vorbild voran.
6. Gemeinsame Teamziele fassen
Das Ergebnis eines Teamworkshops kann z.B. eine neue, gemeinsame Teamaufgabe als Projekt sein. An der Reflexion des Prozesses und der Zielerreichung kann das Team dann die gewünschten Entwicklungen und positiven Veränderungen im Team messen.
Die Veränderungserfolge sollten aktiv wahrgenommen und belohnt werden. Vielleicht geht das Team gemeinsam feiern oder gönnt sich etwas anderes zum gegenseitigen Schulterklopfen.
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