Ein Interview mit Martin Weinbrenner von Heartbeat Business Coaching
Mein Kollege Martin ist „mit vielen Wassern gewaschen“, denn er ist in seinem Berufsleben durch viele, sehr unterschiedliche Rollen gegangen. Ihm ist es gelungen, aus jeder Rolle und Phase Wesentliches für sich mitzunehmen und Unwesentliches zurückzulassen. Heute bindet er seine Erfahrungen mit vielfältigen Methoden in seine Coaching-Praxis ein.
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Ich durfte mit Martin ein Interview führen und stelle ihn hier nun gerne vor:
Martin, wie bist du dazu gekommen, Einzelpersonen, Partner und Teams zu coachen?
Ich habe in meinem Berufsleben diverse Stationen durchlaufen. Als studierter Wirtschaftsingenieur war ich zunächst angestellt als Teammitglied und später dann auch in leitenden Funktionen. Schon damals spürte ich, sowohl als Geführter wie auch als Führender, dass sich die Führung nicht so anfühlte wie ich das wollte. Da ich zu der Zeit keinerlei psychologisches Hintergrundwissen hatte, verstand ich nicht, was mich so richtig störte. Mir war nur klar: so nicht!
Heute habe ich gelernt, dass Technik, Prozesse und Strategien nicht der ausschlaggebende Hebel sind, um zufrieden und erfolgreich zusammen arbeiten zu können. Wenn Menschen nicht mit sich selbst und anderen klarkommen, ist ein Projekt oder Unternehmen zum Scheitern verurteilt.
Ich gründete mein erstes eigenes Unternehmen und versuchte, ein verändertes Führungs- und Arbeitsverständnis mit einzubringen. Viele Elemente ähnlich des heutigen Ansatzes von „new work“ entwickelten sich dabei schon. Dennoch bin ich auch dort bezogen auf Führung immer wieder auf Schwierigkeiten gestoßen.
Eines Tages hörte ich auf einer langen Autofahrt ein Hörbuch von Marshall Rosenberg und seinem Ansatz der Gewaltfreien Kommunikation (GFK). Was er erzählte und seine Beispiele, was er mit der GFK bewirken konnte, haben mich sogleich berührt und inspiriert. Ich wusste, dass ich für mich einen ganz entscheidenden Schlüssel zur gelingenden Kommunikation und Führung gefunden hatte. In der folgenden Zeit habe ich viele Fortbildungen gemacht, z.B. als begleitender Seelsorger, und meine Haltung und meine Art der Kommunikation grundlegend verändert.
Was beeindruckt dich besonders an der GFK?
Es ist die emotionale Haltung und das Menschenbild in der Kommunikation.
Ich finde Beziehungen spannend, die auf gegenseitigem Vertrauen aufbauen, auf verstehen und verstanden werden, statt einfach nur Recht haben zu wollen.
Wesentlich finde ich folgende Grundannahmen in der GFK:
- Menschen tun und sagen Dinge, um sich Bedürfnisse zu erfüllen und nicht um andere zu ärgern.
- Es gibt kein richtig oder falsch. Das ist immer eine Frage der Perspektive.
- Wenn du das Gefühl hast, mit Menschen stimmt etwas nicht, dann schau dir den Kontext an. System und Kontext stellen Rahmenbedingungen, die das nicht erwünschte Verhalten begünstigen. Aus der Perspektive des Einzelnen kann seine Entscheidung die genau Richtige sein.
Wie setzt du das in deinem Heartbeat Business um?
Ich habe vor 10 Jahren mein HeartBeat Business Coaching gegründet und ein ganzheitliches Erfolgsprogramm für werteorientierte Führungskräfte entwickelt.
Das HeartBeat-Business-Coaching-Programm besteht aus vier Betrachtungsebenen, die wiederum mehrere Phasen beinhalten können. Grundlage und Kern der HeartBeat-Transformationsarbeit ist die Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg. Die damit verbundene Haltung und das zugrunde liegende Menschenbild ist so etwas wie ein Universalschlüssel für gelingendes menschliches Miteinander – sowohl im Beruf wie auch im Privatleben.
Beschreibe deine Haltung als Coach und Teamentwickler
Das Logo meines Unternehmens zeigt ein geschwungenes „e“. Es steht für „Empathie“, die Fähigkeit und den Willen, sich in andere hineinzuversetzen, und verstehen zu wollen, was das Gegenüber gerade fühlt und braucht, damit es glücklich oder zufrieden ist und seine bestmögliche Leistung am Arbeitsplatz entfalten kann.
Diese empathische Haltung und die zugehörige Bereitschaft zur Selbstreflexion ist die Grundlage aller meiner Coachings und Workshops.
Was ist dir in deiner Arbeit mit Teams besonders wichtig?
Der Wille und die Bereitschaft der Klienten an sich zu arbeiten, ist für meine Arbeit entscheidend. Ich kann mit niemand arbeiten, der das nicht möchte. Ich kann Menschen nicht motivieren. Ich kann sie nur demotivieren. Ich kann jemanden fragen: „Was brauchst du denn, um hier motiviert mitzuarbeiten?“ Die Teilnahme ist hier freiwillig. Ich bin nicht der Animateur und die anderen klatschen Beifall.
Mein Anliegen ist es, einen sicheren Raum für die Leute zu bieten, in dem sie sich zeigen können so wie sie sind und wo sie sich sicher fühlen. Erst dann können sie sich entspannen und kreativ sein.
Wenn mit Partnern oder Kollegen gearbeitet wird, öffnen sie sich und zeigen sich auch in ihrer Verletzlichkeit und in ihrer Not. Es spielt keine Rolle, ob es Lebenspartnerschaften, z.B. Ehepartner, oder Geschäftspartnerschaften, z.B. Gesellschafter eines Unternehmens, sind. Wir tragen ja oft Masken und tun so als ob alles gut ist. Das schadet allen und verhindert, dass vorhandene Potentiale frei werden.
Ich versuche mit meiner Arbeit Menschen in eine Verbindung zu bringen, die es ihnen ermöglicht, sich zu öffnen, einander zu verstehen und verstanden zu werden.
Das darf in der Teamentwicklung auf keinen Fall übersehen oder vergessen werden…:
Wir sind nicht gleich, aber gleichwertig.
Ich stelle im Coaching z.B. die Frage: Was ist für dich gleichwertig? Dann schicke ich die Coachees in getrennte Räume und sie arbeiten 10 Punkte dazu aus und dann wird sich darüber ausgetauscht. Was bedeutet das für dich? Was meinst du mit…?
Ich helfe, die Wege im Austausch zu bahnen, inne zu halten, zu verstehen.
Ein wichtiges GFK-Prinzip ist dabei: Es geht nicht um Bewertung, sondern um Verständnis.
Allein das Bewusstsein ist schon die „halbe Miete“. Wenn sie mit mir gearbeitet haben, gehen sie mit einem anderen Bewusstsein durchs Leben. Sie nehmen ihr Kopfkino wahr und können sich bewusst entscheiden, wie sie in einer schwierigen Situation reagieren.
Wer sind deine typischen Kundinnen und Kunden?
Teams, die zu mir kommen, sind meist Unternehmer mit ihren Führungsteams, Führungskräfte mit ihren Teams, aber auch Unternehmensführer mit ihren Lebenspartnern. Viele meiner Klienten sind Gesellschafter. Ein häufiger Anlass zum Coaching ist das Thema Nachfolgeplanung für das eigene Unternehmen.
Ich arbeite nicht mit Teams ohne deren Chef. Der kann einmal nicht dabei sein, aber grundsätzlich muss er im Prozess mit involviert sein und den Prozess stets aktiv unterstützen und begleiten.
Wie arbeitest du mit den Teams?
Ich mache keine Trainings, also keine reine Wissensvermittlung. Ich arbeite prozessorientiert an den konkreten Themen, die die Coachees mitbringen.
Ich arbeite initial mindestens zwei Tage am Stück mit den Leuten. Ganz wichtig für die Reflexion und das Sacken-lassen ist die Nacht zwischen den beiden Tagen. Dann geht es nochmal eine Iterationsebene tiefer. Ich bin der Begleiter und Ermöglicher, der es dem Klienten erlaubt, sich zu entspannen und zu zeigen. Wir lachen auch viel. So entsteht eine Atmosphäre des Vertrauens. Und auch der Spaß kommt nicht zu kurz.
Ich frage immer wieder ab: Warum seid ihr hier, woran erkennt ihr, wenn ihr in zwei Tagen wieder raus geht, dass es sich gelohnt hat? Nach jeder Session schreibe ich die Ergebnisse auf einem Flipchart mit und frage nach: Was versteht ihr genau darunter?
Wesentliche Kernelemente in meinem Coaching sind Dialog und Feedback. Das Feedback erhebe ich abends. Am nächsten Morgen gibt es noch einmal eine Standortbestimmung, wo sind wir jetzt und was heute wichtig ist. Dann kläre ich erneut den Auftrag, der sich im Lichte der bisherigen Erkenntnisse bereits wieder verändert haben kann. Dies ist ein Prozess mit extremer Energie und Dynamik, die ich für meine Kunden halte und dabei helfe, diese im Sinne der Zieldefinition zu nutzen.
Welche besondere Methode möchtest du heute vorstellen?
Das LP 3 Leadership Modell. Es kommt aus der Schweiz und wurde von David Fiorucci, entwickelt. Es basiert auf den drei hypnosystemischen Fragen:
- Was ist ein guter Chef?
- Was ist ein gutes Team?
- Was ist eine gute Partnerschaft?
Diese drei Fragen wurden in den vergangenen 10 Jahren Tausenden von Führungskräften in ganz Europa gestellt. Es kristallisierten sich 9 Dimensionen heraus, die immer wieder genannt wurden. Aus diesen wurde das LP3-Leadership-Konzept entwickelt. Es ist das Referenzmodell für meine Arbeit mit Führungskräften, um Hochleistungsteams zu formen.
In den Coaching-Workshops arbeiten wir mit verschiedenen Methoden der Selbsteinschätzung bezogen auf die 9 Dimensionen. Dabei geht es um die Reflexion: Was mache ich gut, was mache ich am liebsten und wo habe ich Potential? Die Ergebnisse aller werden visualisiert, im Team betrachtet, hinterfragt und diskutiert. Bspw.: Was bedeutet der entsprechende Wert für uns in unserem Arbeitsverhältnis?
Nach den zwei Tagen haben alle ein klares Verständnis, was sie zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit brauchen und was die nächsten konkreten Schritte sind, um gemeinsam voran zu kommen.
Welche schwierigen Situationen können mit dieser Methode entstehen und wie gehst du dann damit um?
Es kann ein Problem sein, wenn der Austausch für einige zu nah wird. Wenn das Team den tiefen Austausch nicht gewohnt ist und die Hierarchie damit nicht umgehen kann, kann eine ungute Dynamik entstehen. Vielleicht geht eine Gruppe nicht so wertschätzend mit den Aussagen Einzelner um. Das ist dann eine Steilvorlage für mich zu zeigen, wie die GFK funktioniert. Ich spiegele, was ich gerade wahrnehme und gebe das in die Gruppe. Ich helfe gezielt, wertschätzend zu formulieren und ein gemeinsames Verständnis der Situation zu schaffen.
Z.B: „Es berührt mich sehr zu sehen, wie Werner sich hier öffnet und ich bin zutiefst getroffen, wenn ich merke, wie einzelne reagieren. Deshalb würde ich gerne hören, wie nehmt ihr das wahr?“ Dabei mache ich die Dynamik bewusst, ohne das Verhalten zu bewerten und wir gehen darüber in den Austausch.
Wenn es ganz hart wird, machen wir eine Pause, Fenster auf und reflektieren im Anschluss, was jetzt gerade passiert ist. Manchmal braucht es auch ein Einzelcoaching, um Blockaden zu lösen und Hürden zu überwinden.
Welche positiven Veränderungen erleben die Teilnehmenden in der Folgezeit nach der Teamentwicklung?
Meine Coachees erleben, dass 99% von dem, was wir denken, Kopfkino ist und nichts mit der Realität zu tun hat. Deshalb lohnt es sich z.B. immer nachzufragen: Wie meinst du das? Was genau meinst du mit…?
Im Team wird die Sensibilität für emotional kritische Situationen gesteigert, das frühzeitige Wahrnehmen von Missverständnissen sowie den konstruktiven, wertschätzenden Umgang damit.
Die Coachees haben die Möglichkeit, ihre (Arbeits-)Beziehungen systematisch zu verbessern, indem sie sich auf Gesprächssituationen empathisch vorbereiten, im privaten wie auch im beruflichen Kontext.
Woran misst du den Erfolg der Teamentwicklung?
Am Ende des Teamcoachings gibt jeder Feedback auf die Anfangsfrage: Was ist das Beste, was in den zwei Tagen passieren kann und was bedeutet das für meine Arbeit?
Ich habe zu Beginn jeden genannten Punkt auf einem Flipchart notiert. Jetzt vergibt jeder für jeden Punkt auf der Skala von 1-10 einen Wert, inwieweit er erreicht wurde und was eventuell noch zum Erreichen fehlt. Dieses Abschlussfeedback starte ich bereits ein bis zwei Stunden vor dem Schluss, damit noch genug Zeit bleibt, darauf einzugehen.
Das schönste Feedback, das ich einmal von einem Geschäftsführer erhalten habe, war: „Ich habe gedacht, ich lerne hier Kommunikation und GFK und jetzt haben wir zwei Tage meine ganze Nachfolgeplanung gemacht und das fand ich genial.“
Vielen Dank, lieber Martin, für diese spannende Einblicke 🙂
Wenn Sie an der Teamführung in Ihrem Team arbeiten möchten, helfe ich Ihnen gerne dabei.
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